NUKING MOOSE im Interview

07.03.2023, Markus Schaedel, Lesedauer: 5 Min

Nuking Moose haben einen durchaus hohen Qualitätsanspruch an die eigene Musik. Man kann wirklich nicht behaupten, die Band hätte seit Gründung 2013 ihren Zuhörern je halbherzige Mucke vorgesetzt. Ganz im Gegenteil: Sowohl bei Ihren bisherigen Releases „Wargame“, “Into the Abyss“ oder bei Live Auftritten im Allgemeinen –  die Band besticht schlicht durch ausgeklügelte Sound- und Songdynamiken, durchdachtes Songwriting und dem Willen poptaugliche Mucke im Melodic-Death Metal-Gewand auf möglichst professioneller Ebene zu fabrizieren.

Nach allgemeiner Corona-Pause und dem Weggang ihres Sängers Lars, stiess im letzten Jahr nun die neue Frontfrau „Miss ScarRed“ (auch: „Liz“ genannt) zur Formation, eine Sängerin mit markantem Aussehen und wirklich beeindruckender Stimmqualität und Vielseitigkeit.

Ob Groulparts, tiefe warme Passagen oder elfenhaft hoher Gesang – sie beherrscht all das fast in Perfektion und ist ohne Frage ein echter Gewinn für die Formation.

Mit neuem Elan ging es zuletzt an die Neuinszinierung ihrer Songs: „Rusty Giant“ und „Message to the Dead“, Proberaum Mitschnitt- Videos die fast in Album Qualität daher kommen und eine Band präsentieren, die nun wohl endgültig in professionelle Sphären gereift ist. Höchste Zeit also, die Band mal vorzustellen.

Ich sprach vor Kurzem mit der Band unter Anderem über die Anfänge, die ewig verflixte Soundtüftelei, den Sängerwechsel und über neue prominente Personen im Bandumfeld.

Eure Band an sich gibt es ja schon seit 2013. Wie kam es zur Gründung und was wolltet ihr damals ?

Bis 2008 spielten unsere Gitarristen Godt und Jabben in der Bremer Metalband Fractera Eden, die dann aber durch den Wegzug mehrerer Bandmitglieder zerbrach. Nachdem Godt ein paar Jahre in einer Prog-Band gespielt und Jabben sich an elektronischer Musik versucht hatte, gründeten sie dann 2013 schlussendlich mit Godts Bruder Arne an den Drums zusammen Nuking Moose.

Damals war tatsächlich noch ziemlich unklar in welche Richtung die Reise stilistisch gehen würde. „Irgendwas im Bereich Rock/Metal“ war eigentlich alles, was fest stand. Und tatsächlich hat die heutige Band abgesehen von diesen drei Mitgliedern und dem Namen nicht viel mit Nuking Moose von 2013 gemein. Wir haben Zeit gebraucht um unseren Sound zu finden. So profan das klingt, aber wir wollten damals einfach nur Musik zusammen machen. Wir wollten zwar immer auch auf die Bühne, aber im Vordergrund stand das nicht.

Metal hat ja bekanntlich so Einiges an Stilrichtungen. Warum ist es für euch gerade Melodic Deathmetal ?

Viele Stilrichtungen des Metals sind härter, schneller oder aggressiver als das was wir machen. Was uns an diesen Richtungen meistens fehlt ist die Dynamik. Es ist doch so: Ein Part eines Songs kann so hart sein wie er will. Wenn er zu den anderen Teilen des Songs in keinem dynamischen Kontrast steht, verliert der Part trotzdem seine Härte. Genau aus diesem Grund haben fast alle Songs von uns Parts mit unverzerrten Gitarren, soften Drumbeats oder getragenen Melodien. Mit den Kontrasten zu spielen und eingängige Gesangslinien zu schreiben fanden wir immer viel interessanter als einfach möglichst harte Riffs aneinander zu reihen. Insofern werden wir nie eine Band sein, die einzählt um dann fünf Minuten konstantes Doublebassinferno folgen zu lassen.

Man hört dass euer Sound recht ausgetüftelt ist, auch z.B. inkl. 7-Saiter Gitarre. Eine längere Entwicklung ? Und hat sich Melodic Death Metal generell verändert in den letzten 10 Jahren ?

Das war auf jeden Fall eine längere Entwicklung. In den Jahren wurde viel Equipment gekauft, getestet und auch wieder verkauft. Am Anfang waren wir noch mit zwei Sechssaitern unterwegs. Wir spielen im Drop-C Tuning, was ja heute im Metal fast schon Standard ist. Uns gefielen aber auch immer djentige Einflüsse wie zum Beispiel von Heart Of A Coward. Den Sound kannst du aber ohne siebte Saite nicht erzeugen, weil du eben nicht tief genug kommst. Das war frustrierend. Irgendwann hat Godt sich dann eine Siebensaiter gekauft, was den Sound der Band ziemlich nachhaltig verändert hat. Es war uns aber immer wichtig, nicht durchgängig so tief zu spielen, sonst verpufft der Effekt.

Eine Besonderheit von Nuking Moose ist auch, dass die Gitarren fast nie das gleiche spielen. Meistens bauen Godt mit seiner Siebensaiter und Moshi am Bass das Fundament und Jabben spielt eine oder sogar zwei Oktaven darüber etwas melodisches. Das sorgt einerseits für schöne, dichte Klangteppiche, ist im Songwriting aber oft eine Herausforderung, weil da natürlich auch noch ausreichend Platz für den Gesang gelassen werden muss. Das führt dazu, dass Jabben auch oft mal einfach eine halbe oder ganze Strophe gar nicht spielt, was dann auf der Bühne seinen Bierkonsum in die Höhe treibt. Aber wenn ein Instrument mal vorübergehend aussetzt ist das der Dynamik der Band natürlich zuträglich.

Zu diesen Besonderheiten kamen im letzten Jahr mit Liz noch weibliche Leadvocals. Spätestens seitdem dürfen wir unseren Sound wohl einzigartig nennen. Wir machen stilistisch immer so einen Drahtseilakt, weil wir einerseits modern klingen wollen, uns andererseits aber auch von diesen „Hochglanzproduktionen“ abgrenzen wollen, die in den letzten Jahren sicherlich immer mehr zum Standard geworden sind. Bei vielen Bands liegen in den Studioproduktionen die gleichen Samples auf den getriggerten Drums, alle spielen mit Profiling-Amps ein, bei den Vocals ist auch die kleinste Reibung digital auf den Ton gerückt und die Endsumme ist so krass komprimiert, dass der gesamte Song von Anfang bis Ende die gleiche Lautstärke hat.

 Und dabei soll aber alles noch einen harten und rauen Charakter bewahren. Das ist ein wenig, als würde man rostiges Eisen mit Klarlack überziehen. Das hat alles seine Berechtigung, ist aber nicht so unser Ding. Wir spielen die Röhrenverstärker, die wir auf der Bühne nutzen auch im Studio. Auf den Drums liegen zwar auch getriggerte Samples zum „andicken“, aber der Großteil der Drums die man da hört, ist halt nach wie vor ein vernünftig abmikrofoniertes Schlagzeug.

Gab es in den fast 10 Jahren eures Werdegangs markante Highlights, positiv oder negativ ?

Definitiv. Das erster Highlight war sicherlich als wir damals bei den ersten Auftritten gemerkt haben, dass die Leute vor der Bühne den Kram, den wir da lange im Proberaum geschrieben und geübt haben, wirklich gut finden. Das ist auch heute jedes Mal ein grandioses Gefühl, wenn du merkst, dass gerade alle vor und auf der Bühne zusammen durch die Musik eine gute Zeit haben. Ich kann mich auch noch erinnern, wie damals ein bekannter der Band auf uns zukam und meinte, wir müssten unbedingt T-Shirts drucken lassen. Wir konnten uns das damals nicht vorstellen, dass jemand unseren Kram so gut findet, dass er mit unserem Logo auf der Brust durch die Welt rennen will. Dieser Bekannte war aber so überzeugt von uns, dass er uns die T-Shirts vorgeschossen und uns so das finanzielle Risiko abgenommen hat. Dafür möchte ich ihm an dieser Stelle nochmal von Herzen danken!

Die erste Auflage der Shirts war dann tatsächlich ziemlich schnell vergriffen. Die ersten Festivalauftritte waren auch Momente, die uns für Tage in Euphorie versetzt haben. Rückschläge waren jedes Mal Wechsel an der Bass- und Vocalfront. Das bedeutet jedes Mal, dass du für einige Zeit nicht live auftreten kannst, weil das neue Bandmitglied natürlich erst eingearbeitet werden muss. Aber wenn diese Rückschläge nötig waren, damit wir heute in genau dieser Besetzung auf der Bühne stehen können, dann war es das wert.

Wie kam es zu eurem Sängerwechsel und wie habt ihr eure derzeitige Sängerin Liz gefunden ?

Unser alter Sänger ist aus beruflichen Gründen weggezogen und wir waren gezwungen uns nach Ersatz umzusehen. Es war Glück, dass Liz genau zu der Zeit, als wir auf Sängersuche gingen, selbst nach einer neuen Band gesucht hatte. Das Internet hat uns zusammengeführt und Liz hatte uns gleich überzeugt. Es war uns immer wichtig, dass jemand am Mikro steht, der shouten / growlen aber auch sauber melodisch intonieren kann. Da waren wir bei Liz an der richtigen Adresse.

Dass sie damals jede Woche von ihrem Wohnort in der Nähe von Hamburg für die Probe nach Bremen geeiert ist, ließ auch keine Zweifel daran, dass es ihr ernst war mit der Band. Heut wohnt sie zum Glück näher an Bremen. Neben ihrem musikalischen Können hat Liz auch sehr viel Erfahrung aus dem professionellen Musikbusiness mitgebracht. Das war für uns großes Glück, denn wir restlichen vier kamen ausschließlich über die Hobbyschiene zur Musik.

Wir haben das Thema Präsenz in den sozialen Medien z.B. vorher sehr schleifen lassen. Das haben wir geändert und diese Arbeit zahlt sich auch jetzt schon aus. Während wir früher um jeden Auftritt kämpfen mussten, kamen bei den letzten Gigs die Veranstalter auf uns zu. Das ist neu und eine direkte Folge der erhöhten Sichtbarkeit.

Um eure aktuellen Posts und Veröffentlichungen Releases herum taucht auch immer wieder der Name Martin Kesici auf –Vielen ja noch bekannt aus der 2003-er SAT 1-Castingshow „Star Search“ und anschliessender Single „Angel of Berlin“. Ist er Euer neues 6. geheimes Bandmitglied ?

Martin ist der Lebensgefährte von Liz und so auch zum Freund und Begleiter der Band geworden. Martin ist ein wahnsinnig netter Mensch und hat für uns zum Beispiel die Livemitschnitte unseres letzten Gigs abgemischt.

Ihr habt ja zuletzt zwei Proberaummitschnitte „Rusty Giant und „Message to the Dead“ als Videos auf Youtube veröffentlicht und das lässt auf Gutes hoffen. Arbeitet ihr an einem Album/EP ?

Die Proberaummitschnitte waren kein Teil einer größeren Veröffentlichung sondern wir wollten den Leuten da draußen nach dem Sängerwechsel einfach möglichst schnell zeigen, wie wir mit Liz jetzt klingen. Diese Mitschnitte hatten nicht den Anspruch Studioqualität zu haben – die Drums waren der Einfachheit halber zum Beispiel am Rechner programmiert und auch der Zerrsound der Gitarren kam aus einem digitalen Verstärker und nicht aus den Röhrenamps, die wir eigentlich spielen.

Es stimmt aber, dass wir gerade ein Album produzieren. Die Aufnahmen sind im vollen Gange und man munkelt, dass im Spätsommer Release gefeiert wird. Wir sehen dem Album gerade mit jedem Recording-Tag beim Wachsen zu und wir können es selbst kaum erwarten das Ergebnis zu hören. Dieses Album ist das bis jetzt größte Projekt der Band und damit kristallisiert sich auch die Arbeit von mehreren Jahren Songwriting vor unseren Augen und Ohren. Wer da auf dem laufenden bleiben will, sollte uns unbedingt folgen! Wir haben zwar vorher schon zwei EPs veröffentlicht, aber in Aufwand und Umfang waren die nicht Ansatzweise mit dem kommenden Album zu vergleichen. Es klingt komisch, aber wir haben uns vorher noch nie so genau mit unseren eigenen Songs befasst.

Wir haben uns für die Vorproduktion stundenlang in den Proberaum gesetzt und jede Note von jedem Instrument auf den Prüfstand gestellt und uns auch nicht gescheut komplette Parts, die schon seit Jahren standen, zu verwerfen und neu zu schreiben, wenn sie nur „ok“ waren. Das war viel Arbeit, hat die Songs noch einmal wahnsinnig nach vorne gebracht.

Wollt ihr an dieser Stelle vielleicht sonst noch etwas loswerden oder ankündigen ?

Man kann sich als Band immer nur in dem Rahmen bewegen, der von außen bereitgestellt wird. Und dieser Rahmen ist in den letzten Jahren zunehmend kleiner geworden. Gagen schrumpfen, Fahrtkosten steigen, Locations für die Subkultur werden weniger und Corona hat natürlich auch nicht geholfen. Trotzdem gibt es viele Leute wie euch, die das ganze Ding der Sache wegen, oft ehrenamtlich oder für sehr schmales Geld, am laufen halten und Auftritte ermöglichen oder die Szene vernetzen. Gäbe es diese Leute nicht, hätten wir in den vergangen Jahren nicht auf halb so vielen Bühnen gestanden. Dafür danke!

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