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Proteste gegen „Brandmauer“-Beschluss am 30.Jan 25 vor der Bremer CDU Zentrale

Proteste gegen Friedrich Merz und die CDU – so demonstrierte Bremen gegen den ´Brandmauer-Beschluss´

01.02.2025

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Als die Union am Mittwoch ihren Antrag in den Bundestag einbrachte, eine Veränderung in der Migrationspolitik herbeizuführen, da wusste sie vermutlich noch nicht, welcher Sturm der Entrüstung sich nur Stunden später über der Partei entfalten würde. Bundesweit wurde gegen die nur mit der Hilfe der Alternative für Deutschland gewonnene Abstimmung vorgegangen. So auch in Bremen, wo Fridays For Future den Protest anführten.

Der Fünf-Punkte-Plan von Friedrich Merz

Unter der Leitung seines Kanzlerkandidaten Friedrich Merz hatte sich die Union entschlossen, am Nachmittag des 29. Januar 2025 – und somit im direkten Anschluss an die ebenfalls dort stattfindende Gedenkveranstaltung zur Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz – im Bundestag den Antrag zu Änderungen in der Migrationspolitik zur Wahl zu stellen. Das Papier sah fünf Punkte vor, die Merz für die angestrebte Asylwende als wichtig erachtete. Darin verankert waren etwa stärkere Grenzkontrollen, eine Ausweitung der Befugnisse der Bundespolizei sowie ein Einreiseverbot für Flüchtlinge. In Deutschland lebende Migranten, deren Asylantrag bereits abgelehnt wurde, sollten damit künftig schneller in ihre Heimatländer abgeschoben werden können. Für sie war sogar eine zeitweise Inhaftierung vor der Rückführung angedacht. Die CDU brachte das Vorhaben zur Mehrheit – benötigte dafür aber die Stimmen der AfD.

Bundesweite Empörung als Reaktion

Es war das erste Mal in der Bundesrepublik, dass ein solcher Vorschlag mit der Zustimmung einer zumindest in Teilen rechtsextremen Partei angenommen wurde. Das alleine galt schon als kritikwürdig. Besonders rückte aber Merz‘ Haltung in den Fokus: Ihm, der bislang eine Zusammenarbeit mit der Alternative für Deutschland ausgeschlossen und der die Brandmauer zum rechten Gedankengut als existent bezeichnet hatte, war es plötzlich egal, dass die AfD seinem Antrag zustimmte. Immerhin würde ein richtiges Anliegen nicht dadurch beschädigt, dass es von den falschen Personen unterstützt wird. Demgegenüber ging die frühere Bundeskanzlerin Angela Merkel mit dem Vorhaben der CDU hart ins Gericht – und erinnerte ihren Parteikollegen Friedrich Merz an dessen im letzten November gegebenes Versprechen, bei Entscheidungen keine Mehrheiten mit der Hilfe der AfD herbeizuführen.

Fridays For Future baten zum Protest

Einen etwas anderen Weg der Ablehnung wählte die gemeinnützige Bewegung Fridays For Future, die sich vor wenigen Jahren noch dem Klimaschutz widmete, die sich mittlerweile aber zahlreicher gesellschaftlicher und sozialer Themen annimmt – und dabei Missstände sowie mögliche Lösungsansätze aufzeigt. Das Bündnis lud ein zu einer Protestaktion, die am Abend des 30. Januar 2025 um 17 Uhr vor dem Bremer Parteigebäude am Wall in der Hansestadt beginnen sollte. Die gesamte Aktion erstreckte sich letztlich über knapp drei Stunden, die anfangs aus 500 Personen bestehende Menge hatte sich zwischenzeitlich sogar verdoppelt. Mehrheitlich waren Jugendliche und junge Menschen zu sehen, die friedlich dagegen vorgingen, dass die CDU eine Wahl mit den Stimmen der AfD für sich entscheiden konnte.

Eine Stadt vereint sich

Dass sich an einem Wochentag und ohne lange Planung eine derart stattliche Zahl an Menschen auf die Straße begibt, ist nicht ganz selbstverständlich. Und doch zeigte Bremen an jenem Abend, wie schnell es bereit ist, sich für etwas Gutes einzusetzen – und Negativem den Kampf anzusagen. So war es letztlich nicht nur Fridays For Future, die zur Protestaktion geladen hatten. Vielmehr sprachen sich Zeit und Ort des gemeinsamen Treffens in hohem Tempo herum. In Schulen wurde dafür ebenso geworben wie über das Internet. Teenager brachten neben ihren Eltern einige Lehrer mit. Kirchen und karitative Einrichtungen schlossen sich der Demonstration an. Es war, als wäre ein Ruck durch die Bremer Gesellschaft gegangen, der dazu mahnt, nun doch einmal aufzubegehren gegen das, was da gerade in Berlin entschieden wird.

Kreativ und kritisch

Umso bemerkenswerter ist es, dass in diesen Momenten, in denen sich Wut und Enttäuschung der Teilnehmenden verbanden, alles in geordneten Bahnen verlief. Junge und alte Menschen sangen und riefen Parolen, sie hielten beschriftete Plakate in die Höhe und sie klatschten im rhythmischen Takt. Das taten sie zwar laut und gut hörbar, nur selten aber aggressiv. Eine Ausnahme ereignete sich jedoch: Während Heiko Strohmann – immerhin der Landesvorsitzende der CDU in Bremen – das Fenster der Parteizentrale öffnete und die Lage überschauen wollte, schallten ihm Buhrufe und Pfiffe entgegen. Und das in einem Ausmaß, wie er es selbst kaum erwartet haben wird. Allerdings währte dieser Augenblick nur kurz, anschließend wurde die Veranstaltung wieder ruhiger absolviert. Die Botschaft kam dennoch an.

Der Protest blieb friedlich

Auch die Polizeiberichte äußern sich dahingehend, dass sich etwa 1.000 Personen vor dem Parteigebäude der CDU am Wall eingefunden hatten. Und sie bestätigen, dass die Veranstaltung friedlich verlaufen sei. Es kam demnach zu keinerlei gewalttätigen Übergriffen gegen Politiker, vielmehr sollte die Aktion erkennbar zu einem Umdenken führen. Ein Vorhaben, mit dem Fridays For Future bei den Bremer Christdemokraten auf einen wunden Nerv stößt: Gerade in der Hansestadt galt das Vorgehen des Bundesvorstandes unter Friedrich Merz als ebenso umstritten wie riskant. Nicht alle im Landesverband wollten dem Antrag zustimmen, einige sahen ihn sogar als mögliches Hindernis für die nächste Bundestagswahl. Andere hingegen wähnten das Papier als geeignet, um nach den Anschlägen von Magdeburg und Aschaffenburg eine Wende einzuleiten.

Weitere Aktionen wurden angekündigt

Obwohl der Antrag am Mittwoch im Parlament noch eine Mehrheit erhielt, wurde ein daran anknüpfender Gesetzesvorschlag nur zwei Tage später abgelehnt: Mit dem sogenannten Zustrombegrenzungsgesetz wollte die Union den Zuzug von Familienmitgliedern der bereits in Deutschland lebenden Migranten beschränken. Die Novelle scheiterte indes knapp. Dennoch rufen Fridays For Future sowie andere gemeinnützige Organisationen zu weiteren Veranstaltungen gegen die CDU auf. Diese sollen in den kommenden Tagen einerseits abermals vor der Parteizentrale in Bremen stattfinden, werden sich aber andererseits auch auf andere Städte und Bundesländer ausweiten. Die Botschaft ist klar: Nie wieder Faschismus! Gerade in den jetzigen Tagen, in denen das Gedenken an die Todeslager des NS-Regimes weltweit gewürdigt wird, ist das zentrale Anliegen der Menschenrechte einmal mehr zur Verpflichtung der heutigen Generation geworden.

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